Phil 06040 JOHANN SEBASTIAN BACH:
SUITES FOR VIOLONCELLO SOLO NR. 1-6 BWV 1007-1012
MARTIN STEGNER
VIOLA

VÖ: 30. Januar 2021

Gestatten Sie mir ein paar persönliche Anmerkungen:

Für mich ist die Musik Bachs das Vollkommenste, was jemals komponiert wurde.

Lange habe ich mich nicht getraut, diese Musik öffentlich zu spielen, zu großen Respekt hatte ich davor, denn es gibt Millionen von Interpretationsmöglichkeiten- welche ist nun die Richtige? Gibt es in der Musik überhaupt richtig und falsch?

Bei den Cellosuiten ist kein einziger Ton zu viel, keiner zu wenig: Diese Musik ist absolut rein.

Unzählige Stunden verbrachte ich mit den Suiten, an jedem Tag empfand ich sie anders. Hatte ich mich beim Üben aufgenommen, so fand ich am anderen Tag, dass man das Stück so nicht interpretieren darf und kann. Bach kommt mir immer mehr wie ein unlösbares Rätsel vor, es gibt viele Momente, wo man darüber zutiefst verzweifelt ist, aber ich wurde immer süchtiger, so dass mir ein Tag ohne Bach fast wie ein Tag ohne Wetter vorkommt.

Natürlich gibt es Sonnentage aber auch viele trübe Tage und Wochen, manchmal ist man verzweifelt: beim Anhören der Aufnahmen denke ich, was habe ich denn nur monatelang geübt???

Ich habe mich bei der 6. Suite für die Transposition eine Quinte tiefer nach G-Dur entschieden - ursprünglich für ein 5-saitiges Cello komponiert, würden viele Passagen so hoch, dass der Charakter der Bratsche absolut verloren geht: sie klingt dann wie eine sehr schlechte Geige, - zumindest mein Instrument. Bearbeitungen sind immer ein Kompromiss, ich halte diese Variante für den besten.

Warum nun jetzt eine Aufnahme? Die sechs Suiten bereichern mein Leben und machen mich froh, und ich möchte meine Freunde und Hörer daran teilhaben lassen!

Diese Aufnahmen sind ohne Tonmeister entstanden, ich gesellte mich mit meiner Bratsche und vier Mikrofonen in den Saal und spielte. Niemand war da, der uns korrigierte: ich war allein mit meiner Seele, meinen Ohren und der Musik. Jedoch ist eine Aufnahme immer nur ein Abbild eines beschränkten Moments der Inspiration und Interpretation.

Jeder Tag ist anders und hat einen anderen Klang. Ich werde den Kopf schütteln und sagen, dass man Bach so nicht spielen kann. Und wie wird es morgen sein? Martin Stegner - Berlin, 29. Oktober 2020

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Phil 06034 | VOGLER QUARTETT | 3 CD BOX + 56 S. Booklet mit 27 Fotos
VOGLER QUARTETT + ZANDRA McMASTER & MICHAEL McHALE
Kompositionen von ANTÓN GARCÍA ABRIL, ERNEST CHAUSSON, HANS WERNER HENZE, MAURICIO KAGEL, MAURICE RAVEL, OTTORINO RESPIGHI, KURT WEILL und JÖRG WIDMANN
TIM VOGLER Violine / FRANK REINECKE Violine / STEFAN FEHLANDT Viola / STEPHAN FORCK Violoncello + ZANDRA McMASTER Mezzosopran + MICHAEL McHALE Piano


BORIS BLACHER IST HEUTE NAHEZU VERGESSEN

ach den schwierigen Jahren der Nazi-Herrschaft, behindert durch Lehr- und Aufführungsverbot,

jüdische Wurzeln, als musikalisch entartet abgestempelt und teilweise im Untergrund lebend, wurde er einer der wichtigsten Nachkriegs-Komponisten der Bundesrepublik. Er war eine bedeutende Figur des Kulturlebens von West-Berlin: Präsident und Lehrer an der Hochschule für Musik und Präsident der Akademie der Künste, Berlin. Er war extrem neugierig, wollte weg von der deutschen Wahrheits-, Bedeutungs- und Gefühlsduselei hin zu russischen, französischen und asiatischen Einflüssen seiner Kindheit. Entgegen der Darmstädter Schule um Adorno fühlte er sich sehr zum Jazz hingezogen, und blieb immer eigenständig,- nie einer 'Schule' oder Bewegung zugehörig. War er zur Zeit seines Todes auf den Berliner Spielplänen ausgiebig vertreten - seine Paganini Variationen war eines der meistgespielten Werke des 20. Jahrhunderts, - kennt man heute vielleicht noch manchmal den Namen... "ach ihr Vater war Komponist?" . Ich schreibe dies als Musiker, nicht als Sohn. Wie die vorliegenden CDs zeigen, sind es wunderbare, handwerklich vollendete Kammermusikwerke, deren Zeit sicher wiederkommen wird. Die 24 Préludes, für seine Frau Gerty Herzog kurz vor seinem Tode geschrieben, zeigen sein enormes Facettenreichtum, und man kann sie sicher als 'zeitlose' Werke betrachten,- Werke, die auch außerhalb ihrer Zeit Bedeutung haben werden. Schließlich sollen diese CDs eine Hommage für Gerty Herzog sein, die im Januar 2014 verstarb. In ihrer pianistischen Karriere, die immer wieder von familiären Unterbrechungen geprägt war, beschäftigte sie sich nach einem konventionellen Anfang vor allem mit Blachers Werken. Ihre Art und ihr Stil, diese Werke zu spielen, sind bis heute einzigartig. Die meisten dieser Aufnahmen stammen aus den Jahren nach Blachers Tod, in denen sie sich, nach längerer Pause, wieder dem Konzertieren widmete. Anbei noch ein Auszug aus einem Interview mit Gerty Herzog von Alexandra Kluge. 
Ich danke allen Musikern, Walter Küssner (auch als Ratgeber) und vor allem Ulli Blobel für die Hilfe, dieses Album zusammenzustellen! 
Kolja Blacher, Berlin im Oktober 2015

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